lisa@aat-online.net
aumi@aat-online.net

 

Patagonien/Feuerland

 

05.12.2012: Ushuaia, Feuerland-Argentinien

  

Nach dem Abschied von Georg und Marlene hieß es für uns: Adelante, vamos! („Vorwärts, auf geht’s!“).

Vor uns lag die letzte Etappe unserer Reise - nach Feuerland.

Dazu galt es zunächst, die Magellanstraße zu überqueren. Dieser Seeweg verbindet den atlantischen- mit dem pazifischen Ozean und stellt die Grenze zwischen dem "Kontinent" und Feuerland dar.

 

Die Magellanstarße. Wir haben sie per Fähre überquert.

 

Die Insel Feuerland ist geteilt in einen chilenischen und einen argentinischen Bereich. „Feuerland“ heißt sie deswegen, weil die Ureinwohner der Insel, die Yamana, ständig ein Feuer brennen hatten, an dem sie sich nach dem Fischen oder Jagen aufgewärmt haben. Erstens ist es hier nämlich auch im Sommer einigermaßen kalt und zweitens waren die Yamana nackt, was sich bei dem vielen Regen hier als sehr sinnvoll herausgestellt hat –Klamotten wären nämlich wohl kaum jemals getrocknet. Mit der Ankunft der ersten Europäer, die es gut mit ihnen meinten und ihnen Kleidung zum Schutz gegen die Witterung andrehten, wurden die Yamana krank aufgrund der immer feuchten Kleidungsstücke. Deswegen und wegen der von den Europäern mitgebrachten Krankheiten starben die wenigen Yamana aus, die sich perfekt an die schwierigen Lebensbedingungen an diesem rauen Fleckchen Erde angepasst hatten.

Die ersten Stunden Busfahrt auf Feuerland waren geprägt von eintöniger Pampa. So konnte man sich unbesorgt das eine oder andere kleine Nickerchen während der Fahrt gönnen – verpasst hat man hier nur ca. eine Million hölzerne Zaunpfähle. Was für eine Lebensleistung, die alle aufzustellen...

 

Unendliche Weiten.

 

Einzige Abwechslung sind einige, viele Kilometer voneinander entfernte Estancien (große Bauernhöfe), auf denen vor allem Schafzucht betrieben wird. Doch selbst die Schafe scheinen sich hier zu langweilen und suchen sich lieber andere Freunde, die ein etwas aufregenderes Leben versprechen. Diese beiden sind sich nicht von der Seite gewichen und schienen sehr vertraut miteinander zu sein

 

Freundschaft.

 

Erst relativ spät, schon weit im Süden der Insel, fing die Landschaft an, sich zu verändern: Berge (die letzten Ausläufer der Andenkette), Wald und Fjorde spielten jetzt die Hauptrolle und alle Passagiere nahmen wieder eine aufmerksamere Haltung im Bus ein.

 

Ein wenig schief ...

 

Ziel der Fahrt war die südlichste Stadt der Welt, Ushuaia.

 

Ushuaia am Beagle-Kanal.

 

Übrigens: Wer von Ushuaia aus weiter nach Süden fährt, was nur mit einem geeigneten Schiff und dem entsprechenden Kleingeld (ab etwa 4.000 US-Dollar) möglich ist, kommt in der Antarktis an. Dazwischen ist nichts.  

 

Angekommen am "Ende der Welt" (fin del mundo).

 

Mit Ushuaia hatten wir das "offizielle" Ziel unserer Reise erreicht – was wir gleich mit kräftiger Unterstützung von Björn aus Köln gefeiert haben. Getrunken wurde das örtliche „Beagle-Bier“, benannt nach dem Beagle-Kanal, einer Wasserstraße zwischen Ushuaia und einigen Inselgruppen südlich von Ushuaia ( u.a. Kap Hoorn). Der Name hat aber nichts mit den - bei einigen so beliebten braun-weißen Hunden - zu tun. Benannt wurde der "Kanal" nach dem Forschungsschiff HMS Beagle, mit dem Robert Fitzroy die Wasserstraße 1831 entdeckte - auf der Suche nach einer Ost-West-Passage als Alternative zum gefährlichen Kap-Hoorn.

 

Tresenplatz am Ende der Welt.

 

Etwas überrascht über die vielen vielen Touristen hier (die Aida lag schon im Hafen, als wir ankamen) haben wir uns natürlich auch den örtlichen Attraktionen hingegeben und eine Fahrt auf dem Beagle-Kanal gebucht.

 

Aumi beim beliebten Spiel: "Ich bin ein Tourist - bitte sprechen sie langsam".

 

Der Nachmittag auf dem Wasser, von dem wir gar nicht so viel erwartet hatten, war dann aber sehr schön, an den großen Seelöwen können wir uns eigentlich kaum sattsehen. Einzig ihr Geruch macht auf Dauer doch Lust, weiterzufahren.

 

Gute Stimmung.

 

Kormorane und Seelöwen in entspannter Nachbarschaft.

 

Beliebtes Fotomotiv: Ein Leuchtturm auf einer kleinen Insel im Beagle-Kanal.

 

Auch der Nationalpark „Tierra del Fuego“ war einen Besuch wert – wenn auch die Busfahrt wirklich abartig teuer war. Einen Tag lang sind wir dort entlang der Seen spaziert und haben noch einmal eine volle Portion Natur mitgenommen:

 

Typisch Patagonien/Feuerland

 

 

 

 

 

Seeufer

 

Und plötzlich standen wir an der Grenze zu Chile. Weitergehen strengstens verboten, so stand es auf dem Schild. Aber nach so häufigen Grenzübergängen zwischen Chile und Argentinien in den letzten Wochen, mit peinlich genauen Kontrollen der Taschen auf Lebensmittel, mussten wir dann doch rebellieren und den Übertritt wagen – mit Banane und Apfel! "No risk – no fun!"

 

Gewagte Aktion!

 

Tja, und damit sind wir auch tatsächlich „bastante listo“ – frei übersetzt „ziemlich fertig“ mit unserer Reise.

Eine kurze Bilanz:

- 5 Länder

- 240 Tage

- 55 verschiedene Unterkünfte (Hostels und Refugios)

- + 36 Zeltplätze

- ca. 15.500km mit dem Bus

von Quito in Ecuador bis nach Ushuaia auf Feuerland 

- in kleinen, homöopathischen Abschnitten, so dass wir immer genug Zeit hatten, die Veränderung der Landschaft, 

  des Klimas und nicht zuletzt natürlich der Kulturen zu erleben.

 

Nicht nur einen Traum haben wir uns mit dieser Reise erfüllt, sondern viele. Und auf die Frage „Was war am schönsten?“, fällt uns keine klare Antwort ein. Alles war schön – genauso, wie es war. Wir haben eine wunderbare, unvergessliche Zeit gehabt. Und wir freuen uns auf Zuhause. Zwei Gefühle, die nebeneinander ausreichend Platz haben.

Und da wir, wie uns irgendwann aufgefallen ist, in Deutschland einen kompletten Sommer verpasst haben, und da der momentane Sommer auf Feuerland so aussieht…

 

Sommer in Feuerland.

 

…werden wir jetzt noch mal für den Rest der Zeit nach Mittelchile fliegen und dort hoffentlich wunderbar warme Tages- und Nachttemperaturen genießen, bevor wir zurück in den deutschen Winter fliegen. Dies wird also unser letzter Eintrag – die letzten zwei Wochen werden „off the record“ stattfinden.

 

Für uns war dieser Blog ein sehr hilfreicher Weg, die vielen verschiedenen neuen Erfahrungen in Worte zu fassen und zu verarbeiten. Wir möchten uns bei euch allen für die vielen Rückmeldungen bedanken, die den Spaßfaktor beim Schreiben noch mal deutlich erhöht haben.

 

Wir freuen uns auf euch alle, bis ganz bald,

Aumi & Lisa.

 

LISTO - fertig!

 

 

 

29.11.2012: Puerto Natales, Chile

  

Auf unserer Reise in den äußersten Süden Südamerikas sind wir in dem Ort "Puerto Natales", an den es uns auf unserem dreiwöchigen Urlaub vor ein paar Jahren schon verschlagen hatte, angekommen.

Unser schon lange gehegter Wunsch, eine längere Reise zu unternehmen, hat damals hier den nötigen Impuls zu seiner Umsetzung bekommen.   

 

Das Restaurant "La Mesita Grande" (der große Tisch) in Puerto Natales.

 

In diesem Lokal haben wir damals ein Pärchen aus der Schweiz getroffen, das insgesamt ein Jahr lang in der Welt unterwegs war. Begeistert von ihren Geschichten haben wir einige Wochen später und schon wieder zurück in Deutschland gemeinsam beschlossen, diesen Traum im Jahr 2012 zu verwirklichen. 

 

Vor der Rückkehr auf „bekanntes Terrain“ gab es noch ein weiteres Highlight, nämlich das Wiedersehen mit Georg und Marlene aus Österreich in El Chalten. Zu Beginn unserer Reise haben wir sie in Ecuador kennengelernt und uns gleich so gut verstanden, dass wir uns trotz sehr unterschiedlicher Reiserouten zu einem Wiedersehen in Patagonien verabredet hatten.

Und so wurde der Abschied von John und Georgie aus Australien gleichzeitig zur Wiedersehensfeier mit den beiden Tirolern.

 

Abschied nehmen und Wiedersehen feiern mit allerbestem argentiniischen Rindfleich.

 

Nach der Abgeschiedenheit entlang der Carretera Austral wollten wir jetzt gemeinsam in den für ihre großartigen Berge und Landschaften bekannten Nationalparks "Los Glaciares" in Argentinien bzw. "Torres del Paine" in Chile wandern.

 

Angefangen haben wir auf argentinischer Seite mit einer dreitägigen, entspannten Wanderung zum "Cerro Torre" und zum "Fitz Roy". Das Wetter war geradezu traumhaft: Warm und kaum eine Wolke am Himmel. Ideale Bedingungen, um sich warmzulaufen und dabei die Reisegeschichten und Eindrücke der letzten Monate auszutauschen.

 

Allerbeste Aufbruchstimmung.

 

Ziel des ersten Tages war eine Lagune in der Nähe des "Cerro Torre".

 

Der "Cerro Torre" aus der Ferne ...

 

... und aus der Nähe betrachtet.

 

Und als wäre das nicht alles schon schön genug, zauberten Marlene und Georg abends am Zelt dann auch noch Olivenpaste, Brötchen und Wein aus ihren Rucksäcken.

 

Camping deluxe!      

         

Am nächsten Tag ging es weiter in Richtung Fitz Roy, vorbei an leuchtenden, blühenden Pflanzen…

 

Tolle Farben.      

         

… und scheinbar nicht sehr tragfähigen Brücken. Achtung Aumi: Es darf immer nur eine Person auf die Brücke, nicht einfach hinterherlaufen!

 

Solo uno! (Und fürs Protokoll: Ich zeige warnend den Zeigefinger, nicht den Mittelfinger)

 

Nach einem kurzen Anstieg hatten wir dann endlich den perfekten Blick.

 

Der Fitz Roy. Eines der schönsten Bergpanoramen unserer Reise.

 

Der dritte Tag führte uns sehr glücklich zurück nach El Chalten. 

 

Aussichtspunkt auf dem Rückweg nach El Chalten.

 

Vom Nationalpark "Los Glaciares" in Argentinien sind wir dann mit dem Bus nach Chile gefahren, genauer gesagt nach Puerto Natales, dem Ausgangsort für Wanderungen im Nationalpark "Torres del Paine".

 

Das Paine Massiv. Die Umrundung dauert 7-10 Tage.

 

Bei unserem Besuch vor drei Jahren hatten wir uns bereits die Umrundung des Bergmassivs vorgenommen, die wir aber leider wegen Krankheit abbrechen mussten. Das Ziel diesmal war also klar: Einmal um die Berge laufen. Den Rucksack randvoll mit Nudeln, Instant-Suppen und -Kartoffelbrei sowie Schokolade sind Team Austria und Team Deutschland zwei Tage später zu einer neuen Wanderung aufgebrochen.

 

Die ersten vier Wandertage waren gespickt mit den bekanntesten Highlights des Nationalparks, angefangen mit den Torres selbst, die wir schon am ersten Abend in ihrer vollen Pracht bewundern konnten.

 

Juchuuuuh!      

 

Eine weitere schöne Überraschung am ersten Tag war das zufällige Zusammentreffen mit John und Georgie, die gerade ihren letzten Abend im Park hatten.

 

Sonnenbrillen sind sooooooo cool!    

           

Und weil’s so schön war und wir so viel Glück hatten, sind wir gleich am nächsten Morgen noch mal raufgekraxelt, um die Torres auch in den ersten Sonnenstrahlen zu erleben.

 

Die Torres und das Morgenrot.          

   

Gut gelaunt ging es dann weiter in Richtung „Valle Frances“, dem französischem Tal, von dem aus man mit einer 360 Grad Drehung erst einen gigantischen Gletscher inklusive Lawinen bewundern kann, dann die Cuernos, das sind zwei Berge die an zwei Hörner („Cuernos“) erinnern, um zuletzt den Blick auf den See Nordenskjöld zu richten, der einen schönen Kontrast zu den Bergen darstellt.

 

Entlang schöner Wanderwege...               

 

... zum "Valle Frances" ...          

 

... und ein Blick nach oben zu den Cuernos, stark untermalt von abgestorbenen Bäumen.    

 

Unterwegs fallen dem aufmerksamen Wanderer immer wieder diese Schilder auf:

 

Klopapier: Nimm's mit - verbrenn es nicht!     

          

Wie kommt es zu diesem doch sehr ungewöhnlichen Hinweisschild? Vor etwa einem Jahr hat ein Wanderer im Park Toilettenpapier verbrannt (Spekulationen über das „Warum“ sind sehr willkommen). In Kombination mit einer längeren Trockenperiode und den starken patagonischen Winden war das keine gute Idee, 7% des Nationalparks sind damals in einem eine Woche währenden Feuer abgebrannt. Durch das raue Klima wird es noch viele Jahre dauern, bis sich die Natur wieder erholt hat. Bis dahin kommt es einem vor, als würde man beim Wandern vom einen auf den anderen Moment vom Sommer in den Winter wechseln: Die Bäume tragen kein Laub, kein Grün ist am Boden zu sehen und überhaupt ist es ziemlich trist.  

 

Nach dem Feuer.

 

Vom französischen Tal sind wir weiter zum Lago Pehoe gewandert, von wo aus wir noch mal einen wunderbaren Blick auf die Cuernos im Abendlicht hatten:

 

Cuernos im Abendlicht.

 

Das letzte Highlight auf der vielbegangenen Vorderseite des Parks ist der Gletscher Grey, ein Ausläufer des ca. 350km langen südlichen patagonischen Inlandeisfeldes, das an den Nationalpark grenzt und das hier in den Lago Grey fließt.

 

Der Gletscher Grey.   

            

Dieses Eisfeld ist nach der Antarktis und Grönland das drittgrößte der Welt. Logisch, dass es in seiner Nähe etwas kälter wurde.

Das Eisfeld ist einer der Gründe für die besonderen klimatischen Bedingungen im Park, die einem manchmal alle Jahreszeiten an einem Tag bescheren und die eigentliche Herausforderung beim Trekking darstellen.

 

Sonnenschein ..

 

... ein wenig Schnee ..

 

... Regen ...

 

... und der patagonische Wind, vor dem so viel gewarnt wird.

 

Der Wind in Patagonien ist ein ganz eigenes Thema. Wenn er nicht weht, wünscht man sich ihn von Herzen herbei, weil einem so viele Mücken um den Kopf schwirren. Aber wenn er weht, dann weht er richtig. Während sich unsere Zelte (rot und gelb) auf dem oberen Bild noch wacker schlagen, haben diese Zelte schon aufgegeben:

 

Der Besitzer des linken Zeltes hat irgendwann angefangen, mit einer Tasse das Wasser aus dem Zelt zu schöpfen.

 

Der beste Beweis dafür, wie stark der Wind war, und dass man dennoch gute Laune haben kann, ist aber immer noch dieses Foto:

 

Nase rot, Tränen im Gesicht, und doch springt ihm die Freude an der Wanderung förmlich aus dem Gesicht.

 

Um den zeltenden Wanderern den Umgang mit Wind und Wetter etwas zu erleichtern, gibt es auf allen Zeltplätzen Möglichkeiten, sich unterzustellen und im Trockenen seine Nudeln zu kochen. Einheitliche Standards für den Komfort dieser Hütten gibt es dabei jedoch nicht, wie man sieht…

 

Eine warme Holzhütte in der Nähe eines kleinen Kiosks, in dem man sogar Wein kaufen konnte, um nasse kalte und windige Nächte erträglicher zu machen.

Hat gut funktioniert!

 

Und hier der Unterstand am Campamento Los Guardas, der durch einen umgefallenen Baum doch ein wenig geltten hat.

 

Mit starkem Gegenwind ging es für uns oberhalb des Gletschers Grey weiter in Richtung des „Paso John Garner“, mit dem wir die wenig besuchte Rückseite des Parkes erreichen wollten. Unsere Zelte haben wir am Tag davor auf dem Campamento Los Guardas aufgebaut. Aus der beabsichtigten Passüberquerung wurde jedoch auch auf dieser Reise leider nichts: Wir sind zwei Park-Rangern in die Arme gelaufen, die uns darüber informiert haben, dass der Weg über den Pass geschlossen ist und bis Anfang Dezember nicht begangen werden darf. Die Gründe: Die beiden „Kontrollstationen“ vor und nach dem Pass seien noch nicht mit Rangern besetzt, wodurch im Zweifelsfall eine schnelle Hilfe nicht gewährleistet sei. Außerdem bestehe erhöhte Gefahr durch Bäume, die auf dem vom vielen Regen aufgeweichten Boden nicht mehr ausreichend Halt haben und die Gefahr laufen, umzufallen und nichtsahnende Wanderer unter sich zu begraben.

Da wir schon mit einigen Leuten gesprochen hatten, die die Runde trotz des Verbots gegangen waren, hatten auch wir geplant, das einfach zu ignorieren. Da wir nun aber ein persönliches Gespräch mit diesem wirklich sehr freundlichen Menschen geführt hatten, dem wir nicht ins Gesicht lügen wollten und der uns zudem noch aufgefordert hat, uns am nächsten Morgen in seiner Station – die in der dem Pass entgegengesetzten Richtung lag – zu melden, haben wir beschlossen, uns an die Spielregeln zu halten. Statt der Passüberquerung haben wir uns nun dafür gerüstet, die komplette bis jetzt gegangene Strecke wieder zurückzulaufen, um den hinteren Teil des Nationalparks von der anderen Seite her zu erkunden. Damit haben wir wahrscheinlich die bekloppteste Runde im Torres del Paine gedreht, die man machen kann, den „advanced Circuit“, wenn man so möchte. Am Ende haben wir neun Tage dafür benötigt.

 

Traurig. Das Ende von Plan A.

 

Nach dem Hinweis zu den umfallenden Bäumen fielen uns die vielen liegenden Baumstämme auf unserem Zeltplatz ins Auge.

 

Nicht zu übersehen. Einige Bäume hat es schon erwischt.

 

Zur Sicherheit haben wir hier auch mal schnell den Baum-Test gemacht und sind zu dem Ergebnis gekommen: Alles fest.

 

Bäume schubsen ohne Erfolg.

 

Im Eiltempo sind wir in den folgenden zwei Tagen noch mal an den touristischen Attraktionen vorbei gelaufen, um am dritten Tag in einer mörderischen neun Stunden dauernden, bzw. 30km langen Etappe mit ca. 20kg auf dem Rücken das entlegene Refugio Dickson zu erreichen.

Der Weg führte uns unter anderem durch ein sehr feuchtes, fast mooriges Gebiet. Mit guter Absicht wurden hier von der Nationalparkverwaltung Hölzer verlegt, die es dem Wanderer ermöglichen, trockenen Fußes über einen Teil dieses Moores zu kommen. Scheinbar war die Arbeitsvorbereitung dabei aber nicht ganz durchdacht, denn von diesen Holzwegen wurden später einzelne Hölzer wieder entnommen, um diese Brücke zu verlängern. Als die Pfähle dann immer noch nicht reichten, mussten wir uns am Ende dann doch selbst einen Weg durch das Moor suchen.

 

Hier blieben leider nicht alle Schuhe sauber ...

 

Und auch an anderen Stellen ist uns aufgefallen, dass mit Material und Hinweisschildern manchmal an der falschen Stelle gespart wird:

 

Eine Leiter, die einen leichten Aufstieg an diesem Geröllhang ermöglicht.

 

Schön hintereinander weg arbeitet sich hier Team Deutschland die Leiter hoch ...

 

... um oben angekommen dieses Schild zu lesen: Immer nur eine Person auf der Leiter!

Ein zweites Schild am unteren Ende der Leiter wäre möglicherweise eine gute Inverstition.

 

Erschöpft haben wir diese Rekordetappe abends mit etwas zu viel Wein im Refugio Dickson gefeiert. Am nächsten Morgen war es dann noch eine Stunde bis zu diesem Aussichtspunkt:

 

Kein Photoshop - sah wirklich so aus.

 

Sehr zufrieden konnten wir feststellen, dass auch die Rückseite des Paine-Massivs einen Besuch wert ist, außerdem haben wir es sehr genossen, dass sich hier wirklich nur wenige Touristen hin verirrt hatten.
Allerdings ließ die Moral der Wanderteams Deutschland und Austria auf dem zwei Tagesetappen dauernden Rückweg doch etwas nach. Erschwert wurde unsere Situation noch durch wieder mal sehr starken Wind. Seitdem wissen wir, dass Rückenwind zwar immer noch besser ist als Gegenwind, dieser das Laufen mit großem Rucksack jedoch auch zu einer mittelgroßen Herausforderung machen kann.

 

Schon wieder windig.

 

Entsprechend groß war die Freude, als wir nach neun Tagen endlich die Straße sehen konnten, auf der wir zurück nach Puerto Natales fahren würden. Die lang geplante Pizza im "Mesita Grande" hatten wir gedanklich schon seit dem zweiten Wandertag immer wieder neu belegt – jetzt war sie nur noch eine Busfahrt und eine Dusche weit entfernt!

 

Endlich haben wir die Straße errecht!

 

Da sind wir wieder: Dreckig, erschöpft und glücklich!

 

Unsere letzte Busfahrt Richtung Süden wird uns nach Ushuaia in Feuerland bringen, der südlichsten Stadt der Welt. Davon berichten wir beim nächsten Mal.

 

 

12.11.2012: El Chalten, Argentinien

 

Auf der Insel Chiloé endet die Panamericana, auf der wir uns seit Ecuador immer wieder südwärts bewegt haben. Eine neue „Traumstraße“ musste also her, auf der wir uns weiter dem „Ende der Welt“ nähern können. Schnell fiel unsere Wahl da auf die Carretera Austral („Straße nach Süden“), ein erst 1976 in Angriff genommenes Mammutprojekt, mit dem der damalige Diktator General Pinochet versucht hat, den stark zerklüfteten Süden Chiles zugänglich zu machen, ohne auf ein Schiff ausweichen oder durch Argentinien fahren zu müssen. 
1999 wurde das letzte Stück dieser Straße fertiggestellt, die Puerto Montt und das 1.247km entfernte Villa O’Higgins verbindet. Allerdings ist „Straße“ ein irreführender Begriff - „Schotterpiste“ ist eine treffendere Bezeichnung für das, was wahnsinnig viel Geld und elf Menschenleben gekostet hat und was nach jedem Winter erneut Unmengen an Geld und Arbeitskräften verschlingt, um die durch Erdrutsche und Überschwemmungen zerstörten Abschnitte wieder in Stand zu setzen.

Ein Mietwagen hätte unser Reisebudget gesprengt, also haben wir uns vorgenommen, die Carretera Austral mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu bereisen. Eine Woche haben die 1.247km von Puerto Montt über Chaiten, Coyhaique, Cochrane bis nach Villa O’Higgins in Anspruch genommen, auf der wir durch dichten Urwald, Fjordlandschaften, enge Gebirgspässe, steile Felslandschaften, trockene Pampa und entlang des nördlichen Eisfeldes gefahren sind. Da einige Busse nur ein- oder zweimal in der Woche fahren, musste diese Reise gut geplant werden, um nicht unnötig viele Tage irgendwo im Nirgendwo hängenzubleiben.

 

Eine Straße durch den zerklüfteten Süden Chiles: Die Carretera Austral.

 

Auf der Carretera Austral kommt man in Kontakt mit dem „echten“, ungeschönten, rauhen Patagonien, abseits der Touristenorte. Was natürlich auch bedeutet, dass wir uns vom gerade liebgewonnenen Luxus vorerst wieder verabschieden müssen.

 

@Markus K.: Wie bei Herr der Ringe: Ein Zimmer für Hobbits, nicht für uns.

 

Die erste Etappe führte uns in elf Stunden von Puerto Montt nach Chaiten. Mehr als vier Stunden davon haben wir auf einer Fähre zurückgelegt. Mit dem Wetter hatten wir großes Glück, so dass wir auf Deck die wunderbare Fjordlandschaft genießen konnten. Einziger Hinweis dafür, dass wir nicht in Norwegen waren: Die Pinguine, die am Boot vorbeigeschwommen sind.

 

Sonne, Fähre, Fanta – was wollen wir mehr? 

 

Fjord

 

Und mit Volldampf weiter auf der schlaglochübersäten Carretera Austral.

 

Unser erstes Etappenziel Chaiten, war bis 2008 noch ein florierendes Örtchen mit über 3.000 Einwohnern, umgeben von Bergen und Vulkanen. Zu diesen gehört auch der als erloschen geglaubte gleichnamige Vulkan Chaiten. Im Mai 2008 brach dieser völlig überraschend aus und machte die sofortige Evakuierung des Ortes nötig. Die gesamte Stadt wurde von einer dicken Ascheschicht begraben.

 

Asche und Schlamm bis zur Fensterbank.

 

Und als wäre das alles nicht schon katastrophal genug, lösten die auf den Vulkanausbruch folgenden und andauernden Erdbeben  2009 schließlich eine Überschwemmung aus, die große Teile der aschebedeckten Häuser davonschwemmte.

 

Zu großen Teilen immer noch eine Geisterstadt: Chaiten.

 

Doch die Einwohner von Chaiten sind zäh und obwohl die Regierung versucht hat, die Rückkehr der Bevölkerung zu verhindern, indem sie den Ort über zweieinhalb Jahre von der Strom- und Wasserversorgung abgetrennt haben, ist ein Teil der Einwohner zurückgekommen, um ihre Stadt wieder aufzubauen. Die Wut auf, bzw. die Enttäuschung über die fehlende Unterstützung der Regierung waren immer noch deutlich spürbar.
Andererseits können wir auch nachvollziehen, dass man als verantwortliche Regierung den Wiederaufbau einer Stadt neben einem aktiven Vulkan als ein unnötig großes Risiko beurteilt.

 

Verlassenes Haus.

 

 

Aus der Nähe: Zutritt verboten.

 

Nach einer Nacht in diesem sehr traurigen Ort ging es schon am nächsten Morgen weiter nach Coyhaique, der Hauptstadt dieser Region. In etwa so groß wie Georgsmarienhütte, um den Osnabrückern mal einen Anhaltspunkt dafür zu geben, was hier eine „große Stadt“ bedeutet.
Wir hatten Glück, dass wir Chaiten so schnell verlassen konnten,  denn die Busse fahren nur sonntags und mittwochs. Ein wichtiges Detail, das wir bei der Planung dieses Roadtrips noch nicht wussten, weil es im Internet und im Reiseführer anders steht.

 

Abfahrt.

 

Sehr seltener Gegenverkehr. Der Fahrer trägt übrigens Handschuhe - offensichtlich ist es harte Arbeit, das ausschlagende Lenkrad auf so einer Strecke in Schach zu halten.

 

Die Stimmung war sehr von den äußeren Bedingungen abhängig und Patagonien hat seinem berüchtigten Ruf, dass sich das Wetter schnell ändert, alle Ehre gemacht.

 

Erst Regenwetter…

 

… und dann war es wieder schön.

 

Wunderschöne Berglandschaft…

 

… und Seen.

 

Auf dem Weg liegen kleine Dörfer, in denen man für Pinkelpausen anhält, oder um die größten Burger der Welt zu essen. Zu weit sollte man sich aber nicht vom Bus entfernen, denn die Busfahrer machen nie den Eindruck, als hätten sie wirklich kontrolliert, ob alle Passagiere wieder an Bord sind. 

 

Alle Orte an der Carretera Austral, egal wie klein, sind oder werden gerade ordentlich gepflastert.

 

In Coyhaique hatten wir zwei wunderbare Tage mit ununterbrochenem Starkregen. Also: Keine Bilder davon. Nur so viel, um die Situation zu verdeutlichen: Ein us-amerikanischer Mitbewohner im Hostal hat sich schon morgens um 10 Uhr eine Flasche Sekt gekauft, mittags war die Stimmung in der Küche schon ganz hervorragend.

Aber am nächsten Tag klarte es wieder auf und wir machten uns auf zur nächsten Etappe, von Coyhaique nach Cochrane.

 

Und weiter geht’s.

 

Cochrane ist ein kleiner Ort mit großem Selbstbewusstsein und scheint mit dem ganz großen Erfolg als „the next place to be“ zu rechnen. Folgerichtig orientiert sich die Stadtverwaltung bei seiner Imagekampagne auch an der großen Schwester Hollywood:

 

Hollywood? Nein, Cochrane!

 

Bestimmt bald das Domizil für die großen Leinwandstars: Blick auf Cochrane.

 

In Cochrane gibt es nicht viel. Ein paar Restaurants (alle geschlossen), ein Cafe (geöffnet, mit homöopathischen Portionen, lecker, aber trotzdem enttäuschend) und zwei Supermärkten. In einem so kleinen Ort ist ein Supermarkt das Herz des Ortes, hier kann man wirklich alles kaufen, was man braucht. Und so konnten wir im Supermarkt von der Fleischtheke aus die Auswahl der Toiletten bewundern, die man kaufen kann und gleichzeitig die dahinter ordentlich aufgereihten Schusswaffen bewundern. Auch Motorsägen und Heimwerkerbedarf kann man beim Wocheneinkauf zusammen mit Milch und Obst erwerben.

 

Im Vordergrund die Fleischtheke, dahinter die Sanitärabteilung, im Hintergrund das Regal mit den Gewehren.

 

Und noch mal im Detail ohne Fleisch: Toiletten und Waffen.

 

Nach nur einer Nacht in diesem Szene-Ort ging es, mal wieder bei Regen, weiter ans Ende der Carretera Austral: Nach Villa O’Higgins.

 

Warten auf den Bus in Regenjacke und Regenhose.

 

Die ungemütliche Seite von Patagonien: Regen und Schlamm.

 

Ein plötzlich auf der Straße auftauchendes Highlight, für das sogar der Busfahrer den Bus angehalten hat, war der patagonische Andenhirsch, sehr lautmalerisch in der Landessprache als „Huemul“ bezeichnet (ich wollte immer schon mal einen Text abseits einer Englischklausur schreiben, in dem dieses Wort auftaucht!). Der Huemul (hört ihr das Röhren des Hirsches?!) ist vom Aussterben bedroht und laut Wikipedia gibt es nur noch etwa 1.300 Exemplare. Wir waren vor allem vom sehr ausgeprägten, muskulösen Hinterteil dieses Exemplares begeistert.  

 

Huemul

 

Diesmal war das Wetter nicht so ideal für einen ausgedehnten Aufenthalt auf dem Sonnendeck.

 

Und dann sind wir endlich angekommen, am Ende der Carretera Austral, in dem winzigen Örtchen Villa O’Higgins am südlichen Eisfeld mit rund 400 Einwohnern. Mit uns und den weiteren sechs Touristen, die mit uns im Bus saßen, waren es dann schon 408 Bewohner. Großstadt!

 

Angekommen: Villa O‘Higgins.

 

Ende der Carretera Austral. Ab hier geht es nur noch per Boot weiter.

 

Auch in Villa O’Higgins hier werden die Straßen im Ort gepflastert, allerdings mit der Südamerika-eigenen Geschwindigkeit. Es würde auch keinen Sinn machen, sich zu sehr zu beeilen, denn: Was würde man sonst im nächsten Sommer machen?

 

Einer arbeitet, alle anderen gucken. Aber: Helme auf!

 

Was sind sonst noch wichtige Elemente eines intakten Dorflebens? Vier (!) Supermärkte, die aber alle unterschiedliche Dinge verkaufen: Es gibt jeweils ein Brötchen-, Joghurt-, Bier- und Eier-Monopol. Das ist wichtig, um keine unnötige Konkurrenz hervorzurufen, aber auch, um für ein bisschen Bewegung und Unterhaltung für die Bewohner zu sorgen.

Und auch ein Friseur darf in dieser Abgeschiedenheit natürlich nicht fehlen. 

 

Entweder hier oder gar nicht: Der einzige Friseur im Umkreis von mindestens 100km.

 

Und auch, wenn es sich hier anfühlt wie am Ende der Welt: Geographisch gesehen ist es doch nur ihr Hinterteil, denn weiter südlich warten noch größere Städte auf uns. Diese sind aber nur noch über Argentinien erreichbar. Und da stellt sich natürlich die Frage: Wenn es keine Straße mehr aus dem Ort raus gibt, wie kommt man dann weiter nach Argentinien? Also: Entweder, man fährt auf der Carretera Austral  zwei Tagesreisen wieder zurück, oder man nimmt das - im November nur einmal in der Woche fahrende - Boot über den Lago O’Higgins und wandert zwei Tage lang über die Grenze nach Argentinien. Dort nimmt man den einzigen Bus um 16 Uhr, der einen dann zurück in die Zivilisation fährt, nach "El Chalten" in Argentinien.

Klar, dass wir uns für die zweite Möglichkeit entschieden haben. Zusammen mit John und Goergie aus Australien haben wir die vier Supermärkte im Ort leergekauft (vier Personen gleichzeitig in einem Supermarkt kommt da übrigens schon fast einem Flashmob gleich!) und haben uns samstagsmorgens aufgemacht, Argentinien zu erobern!

 

Fast 40km zu Fußm und mit vollem Gepäck liegen vor uns. Trotzdem war die Laune bestens.

 

Das Abenteuer begann mit einer zweieinhalbstündigen Bootsfahrt über den Lago O’Higgins, die sich als echte Probe für den Magen erwies: Wir hätten es keine halbe Stunde länger auf dem wahnsinnig schaukelnden Schiffchen ausgehalten! Mit uns ist nur noch ein Engländer von Bord gegangen, um die zwei Tage durch das Grenzgebiet zwischen Chile und Argentinien zu wandern. Der Rest der Passagiere musste weiter ausharren, das Boot fuhr mit ihnen noch vor den Gletscher O’Higgins, einen Ausläufer des südlichen patagonischen Inlandeisfeldes.

 

Mit noch wackeligen Beinen und sehr flauem Gefühl im Magen verlassen wir das Boot.

 

Auf chilenischer Seite ging es über einen breiten Waldweg immer froh voran.

 

Nach 15km war es dann erreicht, die offizielle Grenze zwischen Chile und Argentinien, markiert durch ein Schild im Nirgendwo.

 

Den ersten Teil haben wir geschafft.

 

Was uns danach erwartete, war eine kleine Überraschung, denn die bis jetzt breite Schotterpiste endete abrupt und der Weg schlängelte sich sieben anstrengende Kilometer lang über kleinste Pfade durch tiefes Gestrüpp in einem ständigen Auf und Ab bis zur argentinischen Grenzstation.

 

Keine Brücke, nur mal mehr und mal weniger Hölzer im Wasser helfen dabei, die vielen Flüsse und Bäche zu überqueren.

 

Im Winter gibt es hier kein Durchkommen, wir waren erst die zweite Rutsche Touristen, die in dieser Saison diese Strecke gegangen sind, entsprechend zugewachsen war der Weg auch noch.
An der Grenzstation angekommen haben wir uns spontan gefragt, was die Soldaten wohl verbrochen haben, dass sie hier ihren Dienst schieben müssen: An keinerlei Straßen angeschlossen, nur mit dem Boot oder einer Tageswanderung erreichbar, haben sie sich gebührend viel Zeit genommen, um den Einreisestempel in unsere Pässe zu drücken. Außer uns kam in dieser Woche nur noch der Engländer über die Grenze sowie ein paar Fahrradfahrer, die ebenfalls mit uns von Bord gegangen sind. Die nächsten Touristen kommen frühestens mit dem nächsten Schiff in einer Woche. Was für ein Job…

Gekrönt wurde diese außergewöhnliche Tour von einem wolkenfreien Blick auf DEN Berg Patagoniens, den Monte Fitz Roy, der sich uns auf jeder kleinen Anhöhe wieder in seiner vollen Pracht präsentierte und den wir auch von unserem Zeltplatz aus immer im Blick hatten.

 

Fitz Roy. Manche verbringen Wochen in Patagonien, ohne ihn je zu Gesicht zu bekommen.

 

Zelt aufbauen, Feuer machen, essen, schlafen.

 

Das im Reiseführer versprochene Boot über den "Lago del Desierto" fuhr natürlich wegen der Vorsaison noch nicht, und so mussten wir am nächsten Tag noch einmal 17km weiterwandern, um den Bus zu erreichen, der uns nach El Chalten bringen sollte.

 

Kopf einziehen.

 

Aber: Wir haben es geschafft und sind immer noch bestens gelaunt angekommen, am einsamen Südende des Sees „Lago del Desierto“, von dem aus es nur noch 2753km bis Buenos Aires sind. Gut, dass wir da nicht hinmüssen!

 

Geschafft!

 

 

02.11.2012: Ancud, Insel Chiloé - Chile

 

Da sind wir nun, auf Chiloé, einer Insel im Süden Chiles, etwa 180km lang und 50km breit. Und obwohl man mit der Fähre schnell da ist, ist die Stimmung anders als auf dem Festland: Das Wetter ist extrem launisch, fieser Regen und strahlender Sonnenschein wechseln sich in einem atemberaubenden Tempo ab, schnell aufziehender Nebel sorgt für gruselige Stimmung und dazu passt auch der noch weit verbreitete Aberglaube an Hexen, Geisterschiffe oder Gnome. Alles nicht die nettesten Gefährten, wenn man den Beschreibungen des Reiseführers glauben darf.

Ohne Nebel ist die Insel aber eine einzigartige, zum Fotografieren einladende Landschaft, weswegen wir in diesem Eintrag vor allem Bilder sprechen lassen möchten.   

 

Mit viel Grün, Gelb und Blau präsentierte sich uns Chiloé.

 

Schiffe und der salzige Geruch nach Meer.

 

Warten, dass was passiert.

 

Bekannt ist Chiloé für die "Palafitos". Das sind Häuser am Wasser, die auf hölzernen Stelzen gebaut werden. Einige sind fast abbruchreif, andere sind wahre Prachtbauten, in denen man nur zu gerne unterkommen würde.

 

Die Palafitos "Gamboa " in der Inselhauptstadt Castro.

 

Wasser von unten und Wasser von oben. Dazwischen: Palafitos.

 

Boot in Achao.

 

Wir hatten das zweifelhafte Glück, dass zwei nationale Feiertage in die Zeit unseres Aufenthaltes auf Chiloé fielen. Während Feiertage in Südamerika bislang immer bedeuteten, dass sich alle Einwohner eines Ortes auf der Straße versammeln, frisch geduscht und in ihrer besten Kleidung, um ihren Kindern bei den unendlich langen Paraden zuzuwinken, die begleitet von lauter Musik durch die ganze Stadt gezogen sind, haben wir die Feiertagsstimmung auf Chiloé deutlich anders wahrgenommen. Es herrschte eher eine beklemmende Stimmung, unterstrichen vom ununterbrochenem Regen. Die meisten Geschäfte waren geschlossen, Supermärkte ausgenommen. Nur wenige Menschen waren auf der Straße, die meisten davon männlich und stark betrunken. Alles schien grau in grau zu sein. Was uns dazu motiviert hat, mal die Schwarz-Weiß Funktion der Kamera zu nutzen, um dieser Stimmung etwas näher zu kommen.

 

Zur Zeit außer Betrieb.

 

Schwarze „Fahnen“ – symbolisch für Feiertage im November.

 

Anker

 

Und hier noch mal der Tag in Farbe. Dem Mann im Hintergrund schien es nichts auszumachen, im Wasser zu stehen.

 

Natürlich wollten wir auch im "Nationalpark Chiloé" im Westen der Insel wandern. Hier ein paar Eindrücke von einer mal ganz anderen Wanderung.

 

Ziel der zweitägigen Wanderung, der Strand „Cole Cole“.

 

Große Teile des Wanderweges führten am Strand entlang, immer den tosenden Pazifik vor Augen.

 

Einen treuen tierischen Begleiter hatten wir auch schnell.

 

Was er wohl gerade denkt?

 

Preisfrage: Welche Werbung ist das?

 

In Patagonien muss es natürlich auch Pferde geben. Hier wird Seetang transportiert.

 

Der Anblick des Meeres wurde nie langweilig.

 

Abendstimmung am Zielort, dem Strand Cole Cole, den wir ganz für uns alleine hatten. Nicht ganz: Kurz nach diesem Foto tauchte ein Seelöwe aus dem Wasser auf.

 

Ein Abschnitt führte auch durch bewaldetes Gebiet. Die Fabelwesen warteten schon.

 

Auf dem Rückweg schlug das Wetter um. Mehrere Stunden ging es mit starkem Wind, Regen und aufgewirbeltem Sand am Strand entlang.

 

Zurück von der Wanderung auf der Suche nach Ablenkung. Zum Glück gibt’s hier auch Euro-Sport.

 

Uns hat’s gefallen auf Chiloé!

 

 

30.10.2012: Castro, Insel Chiloé - Chile

 

Eine sehr beliebte Gegend im Norden Patagoniens ist die „Region de los lagos“, ein großes Seengebiet, das teilweise auf chilenischer, teilweise auf argentinischer Seite liegt.

Hier spiegeln sich schneebedeckte Berge und grüne Wälder in einer Vielzahl von Seen, ähnlich wie in Skandinavien. Logisch, dass es uns hierhin gezogen hat. Unser erster Halt war Bariloche in Argentinien, im Reiseführer auch als das "Chamonix Argentiniens“ bezeichnet. Der Ort wirkte auf uns eher wie Disneyland, das einen Bergort in den Alpen imitieren möchte. Für die perfekte Kulisse lagen überall riesige Bernhardiner rum, die man gegen Geld hätte fotografieren dürfen. Wir haben uns für ein Bild ohne Hund und dafür mit See und Fahne entschieden. Das kostete nix.

 

Bariloche: Blick auf den See „Nahuel Huapi“.

 

Im letzten Eintrag hatten wir schon auf die kulinarische Spezialität dieses Ortes hingewiesen: Schokolade! An der Hauptstraße des Ortes reiht sich ein Schokoladengeschäft an das nächste, eins schöner, größer und einladender als das andere. Die selbstgemachten Schokoladen und Pralinen kann man in allen denkbaren und undenkbaren Verkaufsgrößen erwerben: Vom ringschachtelkleinen Päckchen bis hin zur Box von der Größe eines stattlichen 80er-Jahre-Ghettoblasters ist hier alles zu haben. Die Kassettenrekorder-Variation war für unser Reise-Budget leider zu teuer, außerdem hätte er weder in den Rucksack gepackt, noch wäre er als Handgepäck durchgegangen. Also haben wir uns für eine handliche Auswahl der besten Schokoladensorten, stilvoll verpackt in einer wunderschönen Pralinenschachtel, entschieden. Macht nicht so viel her, war aber trotzdem ziemlich lecker. Und am Ende hatten wir nur 200g Schokolade gegessen und nicht fünf Kilo.

 

Überforderung im Schokoladenladen. Vielleicht nehme ich einfach 100g Vollmilchschokolade?

 

Aber man kann in Bariloche noch mehr machen als nur Schokolade essend auf den See und die Berge zu schauen. Wandern zum Beispiel.

 

Traumhaft schön.

 

Im Sommer kann man in dieser Gegend Hüttenwanderungen unternehmen, aber leider waren wir dafür noch etwas zu früh dran: Es lag noch zu viel Schnee und darum waren einige Hütten noch geschlossen. Zweitagestouren mit Übernachtungen in Refugios waren aber eine schöne Alternative.

 

Seen, Wald und Berge, eine perfekte Kombination.

 

Das wichtigste beim Wandern: Pause machen und die Füße, äh, die Seele baumeln lassen.

 

Unser erstes Ziel war das Refugio Frey, eine Hütte in beeindruckender Umgebung. Von außen ist es gemütlich und einladend…

 

Das Refugio Frey.

 

…der Blick in den Schlafsaal macht dann allerdings doch eher Lust auf Zelten:

 

Trotz einsturzgefährdeter Matratzenstapel zur Linken und fies nach Schimmel aussehenden Flecken am Fußende haben wir einen äußerst entspannten 10-Stunden-Schlaf hingelegt.

 

Das Refugio Frey liegt, wie wir abends von den anderen Leuten auf der Hütte erfahren haben, inmitten eines bei Kletterern sehr beliebten Gebietes. So beliebt, dass wir an dem Abend die einzigen zwei Wanderer in der Hütte waren. Alle anderen waren zum Klettern da. Ihre Fähigkeiten (sprich: ihre Muskeln) haben sie abends an einer Stange im Refugio spektakulär präsentiert: Klimmzüge mit einem Arm etc.. Peinlicherweise dachte ich, Lisa, bis dahin, diese Stange sei eine praktische Vorrichtung zum Wäschetrocknen. Dilettantin.

Und weil es so schön war, haben wir noch eine zweite Refugiowanderung in der Nähe von Bariloche unternommen. Diesmal ging es zum Refugio Jacob.

 

Hier ist alles gut ausgeschildert.

 

Der Weg war diesmal deutlich spektakulärer, inklusive Flussüberquerung ohne Brücke und einer längeren Etappe im Tiefschnee. 

 

Die Einzelteile für eine Brücke über den Fluss lagen schon am Wegesrand, momentan "darf" man noch lässig an der Leine über den Fluss.

 

Jetzt ist es nicht mehr weit, im Hintergrund kann man schon das Refugio Jacob erkennen.

 

Strom gab es in diesem Refugio nicht und auch die rumstehenden Gasflaschen wurden nicht genutzt. So wurden beim Kochen auf dem Holzofen Aumis ganze Kochkünste gefordert. Ergebnis: Bestanden, Spaghetti waren super!

 

Das elektrische Kochen“ von Dr. Oetker hat hier nix zu suchen.

 

Etwas verunsichert waren wir, als wir nach den Toiletten gefragt haben und die Antwort kam: „Also, die könnt ihr von hier aus nicht sehen. Da vorne sind Spuren im Schnee, denen folgt ihr. Die machen irgendwann einen Rechtsknick, da geht ihr hinterher, es geht dann runter in eine Kuhle und dann wieder hoch. Am Ende steht das Klohäuschen.“ Und so sind wir zum Zähneputzen noch mal zu einem kleinen Spaziergang mit dem Kulturbeutel aufgebrochen, immer auf der Hut, nicht bis zu den Knien im Schnee zu versinken. 

 

Kultiviert auf dem Weg zum Klo.

 

Die Hauskatze des Refugios, so viel sei auch noch gesagt, hat sich natürlich, wie sollte es anders sein, zielstrebig Aumis Schlafsack als neues Zuhause ausgesucht. Der einzige Gast mit Katzenallergie.

Außer uns war noch eine „(alters-)gemischte Herrenmannschaft“ mit auf der Hütte, ein sehr netter Trupp aus Buenos Aires. Als wir abends um 22:30 Uhr nach vielen Runden Uno und Kniffel die Katze verjagt und uns ins Matratzenlager begeben haben, haben die gerade den Tisch für das Abendbrot gedeckt (kleine Hintergrundinfo: Es gab das Schlafsaal-unfreundlichste Essen der Welt: Linsen!!!). Hausordnungen wie in den Alpen (22 Uhr Hüttenruhe und Frühstück zwischen 6 und 8 Uhr morgens) gibt es hier nicht, und so haben die noch lange gefeiert und ihre heldenhaft mitgeschleppten Weinflaschen getrunken. Als wir am nächsten Morgen um 9:30 Uhr, und damit für Bergverhältnisse schon ziemlich spät, das Haus verlassen haben, lag ein Teil der Männer immer noch friedlich schnarchend in den Kojen.

Zurück in Bariloche haben wir dann unsere Klamotten in die Reinigung gegeben, die samstägliche Bier-Happy Hour (2x1 bis 0:00 Uhr) ausgenutzt (Happy Birthday Olli!), am nächsten Tag unsere Kater gepflegt und eine weitere Gardinenstange abgerissen.

 

Diesmal sogar inklusive Dübel.

 

Von Bariloche sind wir dann erneut über die Grenze nach Chile, um auch dort einen Eindruck vom Seengebiet zu bekommen. Hier hat es uns nach Puerto Varas verschlagen, zum Glück! Ein sehr sympathischer Ort (natürlich) am See, ein immer warmes, total freundliches Hostal und: seit über sechs Monaten die ersten Daunenbettdecken. Unfassbar, wie gut sich das anfühlte. 

Von hier aus sind wir für einige Tageswanderungen in den Nationalpark Vicente Perez Rosales gefahren, der neben Seen und Wald auch noch Vulkane zu bieten hat. 

 

Lisa weiß (nicht), wo es langgeht: Irgendwie ist bei uns immer alles „adelante“!

 

Der Vulkan Osorno.

 

Schweren Herzens haben wir uns nach vier Nächten von den Daunenbettdecken wieder verabschiedet und uns auf die Weiterfahrt nach Chiloé gemacht, einer Chile vorgelagerten Insel, auf der wir diesen Beitrag auch geschrieben haben. Über unsere Erlebnisse dort berichten wir beim nächsten Mal.

 

Bis dahin, Lisa & Aumi

 

 

15.10.2012: Bariloche, Argentinien

 

"Endlich" angekommen: Patagonien. Der eigentliche Grund, weshalb wir als Ziel unserer Reise Südamerika gewählt haben.

 

Als Patagonien wird der Bereich zwischen den Flüssen "Bio Bio" in Chile und "Rio Colorado" in Argentinien im Norden und der Magellanstraße im Süden bezeichnet. Südlich der Magellanstraße befindet sich Feuerland.

 

So weit zur goegrafischen Aufklärung (ich hoffe, es belehrt uns keiner eines Besseren) - und nun weiter zu unserem Reisebericht.

 

Spät abends sind wir in Pucon angekommen, einem mittelgroßen Örtchen in Chile, das bekannt ist für allerlei (Fun-)Sportarten, denen man hier nachkommen kann.

Im Mittelpunkt steht dabei der Vulkan "Villarica", der auch das Gesicht der Stadt prägt: Der Villarica ist ein 2.840 Meter hoher, aktiver Vulkan. Jetzt, im Frühling, ist er noch vollständig von Schnee bedeckt und sieht so wahrscheinlich noch schöner aus als sonst.

 

Aus jedem Winkel der Stadt gut sichtbar: Der aktive Vulkan Villarica.

 

Eine Besteigung des Villaricas ist zwar körperlich anstrengend, erfordert aber keine weitere Bergsteiger-Erfahrung, so dass unsere Entscheidung, ihn zu besteigen, schon vor unserer Abreise aus Deutschland feststand. Eine gute Agentur war schnell gefunden und bei absolutem Sonntagswetter ging es früh morgens mit einer großen Gruppe erwartungsfroher Touristen aus aller Welt sechs Stunden lang aufwärts.

 

Im Gänsemarsch und vielen Kurven ging's nach oben.

 

Nach und nach musste beim Aufstieg immer mehr Sicherheitskleidung angelegt werden, von den Gamaschen über die zweite Hose bis hin zu Steigeisen, Eisaxt und dem leider nicht zu vermeidenden Helm, der garantiert nur dazu da ist, dass man auf jedem Foto so richtig bescheuert aussieht.

Oben angekommen, bot sich uns ein unglaubliches Panorama: Auf der einen Seite der riesige, rauchende Krater des vereisten und eingeschneiten Vulkans, auf der anderen Seite der Blick auf Pucon, weitere Vulkane und große Seen – Patagonien in seiner vollen Pracht. So hatten wir uns das gewünscht.

 

Und schon wieder kein vorzeigbares Gipfelfoto.

 

Schon während der Pausen beim Aufstieg nagte in Lisa die Frage: „Wie soll ich da bloß wieder runterkommen? Warum sehen alle beim Bergwandern immer nur im Aufstieg das Problem? Wo wird bitte mal erwähnt, wie ätzend ein langer und steiler Abstieg für Stolpervögel wie mich ist?“. Zwar wurde uns beim Buchen der Tour gesagt, dass wir ganz einfach auf einem Schlitten wieder runterrutschen, aber bis dahin waren wir überzeugt, dass sich diese Aussage auf die letzten paar Meter bezieht. Falsch. Die Aussage meinte tatsächlich: Die ganzen hochgelaufenen 1.600 Meter werden entweder auf dem Hintern (an den ganz steilen Stellen) oder auf dem Plastikschlitten zurückgelegt.

 

Dieser Schlitten passt unter jeden Arsch.

 

Der Weg runter war auf diese Weise wirklich schnell geschafft und beinhaltete einige Stunts und Rollen vorwärts, zumindest für Lisa. Klar. Wie immer im „Blöd Anstellen“ ganz weit vorne.

 

Ein Riesenspaß trotz kleinerer ungeplanter Kontrollverluste.

 

Glücklich und kaputt sind wir abends im Hostel ins Bett gefallen, die Gesichter noch rot von so viel Sonne und Schnee. Am nächsten Morgen, beim Versuch, elegant die Vorhänge im Zimmer aufzuziehen und die Sonne reinzulassen, passierte Lisa dann das…

 

Schön, wenn das schon vor dem Aufstehen passiert.

 

Aber: Keiner von uns hat das viel zu kurze Ende auf den Kopf bekommen und auch sonst sind in der Folge keine weiteren Katastrophen a la Loriot und dem schief hängenden Bild passiert.

 

Von dem missglückten Anfang haben wir uns nicht beirren lassen und haben entschlossen unsere „wir werden wieder aktiv“-Phase fortgesetzt: Unseren Plan, mit großem Gepäck mehrere Tage zu wandern, mussten wir zwar wieder aufgeben, weil viele Wege in den Nationalparks noch wegen zu viel Schnee geschlossen waren, aber mit Tageswanderungen konnten wir auch tolle Einblicke in die Gegend gewinnen. Als Norddeutsche boten sich uns recht ungewöhnliche Bilder: Frühling in seiner vollen Pracht, knallgrüne Bäume und erste Frühlingsblumen, die ihren Weg durch den noch immer kniehohen, harten, unberührten, weißen Schnee gefunden haben.

 

See im Nationalpark mit dem unaussprechlichen Namen „Huerquehue“.

 

Noch winterlich verträumt im Nationalpark "El Cani".

 

Zuletzt haben wir noch eine vom Fahrradverleiher als „leicht“ beschrieben Radtour zu einem ca. 25km entfernten See unternommen. Die Fahrt durch die Wälder rund um Pucon war schon wieder ein Highlight für die Augen, aber leider auch eine ernstzunehmende Herausforderung für unsere müden Beine. Geschafft haben wir es trotzdem, bei der Rückfahrt hatten wir das Ziel ja auch immer gut vor Augen…

 

Zeigte uns auf dem Rückweg die richtige Richtung: Der Villarica.

 

Von so viel Bewegung gut ausgepowert konnten wir der 24-Stunden Busfahrt nach Argeninien - an den Atlantik - gelassen entgegenblicken. Etwas nervös wurden wir dann aber doch, als der Reisebus irgendwann die geteerte Straße verließ und sich auf einer Schotterpiste durch den Wald einen Berg hocharbeitete. Die Fahrt war in etwa so, als würde man mit dem größten Bus von Rölker den Weg von Kloster Oesede nach Glane via Hasesee fahren, mit der "Lustigen Witwe" als Grenzstation. (Alle, die nicht aus dem Südkreis von Osnabrück kommen, müssen das jetzt mal so hinnehmen.)

 

Grenzstation unterhalb des Vulkan "Lanin".

 

Unser Ziel war Puerto Madryn, eine kleine (und unfassbare teure!) Hafenstadt am Atlantik und Ausgangsort für Besuche auf der Halbinsel Valdez, die jedes Jahr im Frühling und Sommer Anlaufpunkt für im Wasser lebende, zu groß geratene Säugetiere ist: Darunter Wale („Südkaper“, bis zu 12 Meter lang und mehr als 27 Tonnen schwer) und Seeelefanten, von denen die imposanten Männchen bis zu siebeneinhalb Meter lang und 3.500kg schwer werden können.

Im Reiseführer stand, dass man im September und Oktober die Wale sogar - ohne eine Bootstour - vom Hafenbecken in der Stadt aus sehen könnte. So richtig geglaubt haben wir das nicht und beim ersten Gang zum Strand hat Lisa noch irgendeinen doofen Witz gerissen, von wegen „…und jetzt gucken wir uns schnell ein paar Wale an und danach holen wir uns ein Eis“– und dann waren sie tatsächlich da! Einfach so konnten wir entlang der Küste überall die glatten Rücken der Wale an der Wasseroberfläche glitzern sehen oder es sprühten gut hörbar und sichtbar die Fontänen aus dem Wasser. Einige haben sich sogar bis an das Pier gewagt, wo wir ein erstes Foto machen konnten.

 

Wale im Hafenbecken, unglaublich!

 

Vollkommen begeistert sind wir so am nächsten Tag mit einem Mietauto für zwei Tage zur angrenzenden Halbinsel Valdez aufgebrochen, mit dem engagierten Plan, alle auf der Touristenkarte notierten Tiere zu sehen. Mit Erfolg! Ähnlich wie Galapagos ist Valdez ein echtes Paradies für das Beobachten abgefahrener Tierarten. Oft hört und riecht man schon, dass da wieder irgendeine Kolonie auf einen wartet, noch bevor man sie sieht.

 

Natürlich haben wir auch eine "Whale-watching-tour mitgemacht. So wie wir dort ausgestattet wurden stellt sich allerdings die Frage, ob nicht wir den Walen eine Show liefern sollten. Die Agenturen geben sich mit der Kostümierung der Touristen jedenfalls reichlich Mühe, damit die Wale auch was zu sehen haben:

 

Sumo-Ringer im Urlaub!

 

Darf ich vorstellen: Mein Freund Bibo!

 

Schön, wenn die Gruppe etwas hat, das sie verbindet, oder?

 

Den Walen schien das Outfit gefallen zu haben denn die Tour war ein voller Erfolg: Die Wale haben sich für uns richtig ins Zeug gelegt!

 

Wal-Mama mit einem der ganz seltenen, weißen Kälber, die pro Tag 100 bis 150 Liter Muttermilch trinken.

 

Posen für die Touris.

 

Nach einer heftigen Gewitternacht im Zelt haben wir am nächsten Tag den Rest der Insel erkundet. Zu 99% hat sie sich uns so präsentiert:

 

Wenig abwechslungsreich, aber irgendwie schön: die argentinische Pampa.

 

Hier leben Tiere wie Nandus (kleinere Version vom Vogel Strauß), Füchse, mutierte, riesige Hasen mit überlangen Beinen (leider kein Foto möglich, zu schnell), Gürteltiere und Guanacos.

 

Das Gürteltier, auf spanisch „armadillo“. Bestimmt auch auf der Liste der hässlichsten Tiere zu finden.

 

Typisch für Patagonien: Guanacos.

 

So weit das Innere der Insel ist, so weit erscheint auch ihr Rand aus unendlichen Klippen und schmalen Stränden, an denen sich riesige Seelöwen, Seeelefanten und Magellan-Pinguine tummeln.

 

 

 

3.500kg Lebendgewicht bei einer Yoga-Übung: Männlicher Seeelefant.

 

Wir sind immer wieder überrascht, wie diese schwarz weißen Tierchen unser Herz erweichen und den Fotofinger glühen lassen. Wir belassen es hier bei einem Foto.  

 

Das Thema „Fauna“ haben wir damit also zur Genüge erledigt, außer Orcas haben wir wirklich jedes der versprochenenTiere gesehen. Und sogar noch eine Gattung mehr, denn Hunde standen eigentlich nicht auf der Agenda. Und die bleiben mit ihrem weit entwickelten „Du-bist-ein-Tourist-Sensor“ weiterhin unsere treuen Begleiter, vor allem, wenn sie Fressen wittern, so wie bei dieser Mittagspause auf Valdez:

 

Voilà: Hunde Nummer 564 und 565.  

 

Den Kopf voller neuer Eindrücke haben wir in einer weiteren Nacht-Busfahrt den Atlantik wieder verlassen und sind heute sehr müde und kaputt in Bariloche angekommen, wo wir ab morgen unser Wander-Programm wieder aufnehmen möchten.

Da Bariloche allerdings auch als die Schokoladen-Hauptstadt Argentiniens bezeichnet wird, weiß ich (Lisa) noch nicht, wie ausgedehnt die Wanderungen werden… (…in den Schokoladen-Läden bekommt man schon beim Reingehen Schokolade zum Probieren – Aumi und ich haben schon kurz überlegt, draußen die Jacken zu tauschen und einfach eine zweite Tour durch die Geschäfte zu machen!).

 

Hasta pronto, Lisa & Aumi.