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Chile

 

07.10.2012: Pucon

  

Der Abschied fiel schwer… und damit ist nicht der Abschied von Santiago gemeint, sondern der von Lisa’s Wanderschuhen. Aber sie nur aus Sentimentalität mitzuschleppen, dafür reicht die Liebe dann auch nicht. So haben Lisa und die Meindls dann tapfer im Hostel in Santiago Abschied genommen.

 

These boots were made for walking.

 

Mit dem Bus ging es dann einmal über die Anden, zu einem ersten Abstecher nach Argentinien. Der Weg hoch zur Grenze auf dem Pass war mal wieder nichts für Menschen mit Höhenangst und wenig Vertrauen in Busfahrer…

 

Passstraße nach Argentinien: Einfach nur übereinandergestapelte Kurven.

 

An der Grenze passierte dann eine Stunde lang ganz genau: Null. Nichts. Nada.
Zwar gab es ewig viele Argentinier und Chilenen in offiziellen soldatischen Uniformen, die in irgendwelchen Glaskästen saßen und wichtig und böse aussahen, aber die haben keinen Finger gerührt. Nicht, um in die ganzen Reisepässe zu sehen, und schon gar nicht, um einen Stempel in die selbigen zu drücken. Als dann nach einer gefühlten Ewigkeit doch etwas passierte, mussten wir uns alle in Reih und Glied aufstellen, auf einem Tisch vor uns lagen unsere Taschen und Spürhunde und Spürpolizisten haben alles nach möglicher Schmugglerware durchsucht. Dabei ging es vor allem um Dinge wie Salami, Honig, Blumen, Kokosnüsse oder Ananas, alles, was man eben so mitnimmt auf Reisen. Wir sind volles Risiko gefahren und haben unsere mit Salami UND Käse belegten Brötchen (evil!) im Bus versteckt. Und obwohl wir auch nach dem Grenzübergang noch zweimal angehalten und durchsucht wurden, haben sie nichts gefunden! Yeah, wir sind ja so wild! (Auf der Rückfahrt hatten wir nur trockene Brötchen dabei, der Stress war uns doch zu groß.)

 

Die Grenze zwischen Argentinien und Chile, hier die chilenische Seite. Kein Ort, an dem man lange bleiben möchte, wenn die Berge auch ziemlich imposant sind.

 

Ein paar Stunden nach der Grenze haben wir dann Mendoza erreicht, DIE Weinregion Argentiniens. Der Wein ist köstlich und die Trauben werden von Hand gepflückt (wie auch die hier angebauten Oliven). Dass die so hergestellten Produkte dennoch bezahlbar sind, liegt vor allem an der günstigen Arbeitskraft.

In Mendoza war der Frühling im vollen Gange, Heuschnupfen war die unangenehme Begleiterscheinung, die wir aber gerne in Kauf genommen haben, um einen ganzen Tag lang in der Sonne rumzulaufen und die entspannte Atmosphäre zu genießen.

 

Mendoza, Parque Independencia.

 

Nach diesem Ruhetag waren wir dann aber schwer aktiv und haben uns vollkommen der Weinrecherche gewidmet. Dazu kann man sich – kein Witz – ein Fahrrad ausleihen und 12km entlang der Hauptstraße die verschiedenen Winzer abklappern und Weinproben kaufen. Vom Fahrradverleih bekommt man dafür vorab eine handliche Karte, auf der die verschiedenen Winzer inklusive ihrer Preise für die Weinproben eingezeichnet sind. Als krönender Abschluss wird die Einkehr in einem Biergarten empfohlen.

 

Beim Ausleihen muss man nur unterschreiben, dass man den Helm zurückbringt.

 

Anders als in Deutschland scheint das Fahrrad hier ein vollkommen legitimes Mittel zu sein, um betrunken von A nach B zu kommen. Betrunken fahren hier übrigens scheinbar ausschließlich die Fahrradhelm-tragenden Touristen. Der Polizei scheint’s egal zu sein. Wir waren natürlich vernünftig und haben nur in Maßen getrunken…

 

Vorher…

 

Nachher…

 

Mit einem ziemlichen Kater (natürlich waren wir am Ende auch noch im Biergarten und natürlich haben wir abends im Hostel noch die Flasche getrunken, die wir gekauft hatten) sind wir am nächsten Tag dann zurück nach Chile gefahren.

Nach einem kurzen Zwischenstopp in Santiago sind wir weiter zum Nationalpark „Altos de Lircay“, wo laut Reiseführer „die schönste Wanderung Mittelchiles“ wartete. Mit Sonnenuntergang sind wir dort angekommen, mussten dann aber noch mal etwas mehr als drei Kilometer mit dem gesamten Gepäck bergauf wandern, bis wir vom Park-Ranger, einem schlechten Chuck Norris-Imitat, angehalten und aufgefordert wurden, ihm unseren Kocher und die Gaskartuschen zu zeigen. Feuer machen ist wegen der Waldbrandgefahr dort strengstens verboten. Also: Alles auspacken, Kocher und Gas, in beiden Rucksäcken ganz unten, zeigen, wieder einpacken und weiter bis zum Campingplatz, wo wir mit dem letzten verbleibenden Licht noch schnell das Zelt aufgebaut haben.

 

Eingang zum Parque Nacional Altos de Lircay, ab hier geht es nur noch zu Fuß weiter.

 

Schon auf der mehrstündigen Busfahrt in den Nationalpark haben wir es gar nicht fassen können, nach so langer Zeit mal wieder einen „richtigen“ Wald zu sehen, einen, der uns an Deutschland erinnert. Wir hatten uns sehr auf die Wanderung gefreut, haben spannende Ausblicke und schönes, frühlingshaftes Licht erwartet. Leider hat sich das Wetter am nächsten Tag in einer vollkommen anderen Gestalt präsentiert: Bedeckt mit ein bisschen Nieselregen, kalt. „Naja, egal, wir schon werden“, haben wir gedacht.

 

Kurze Frühlingsunterbrechung…

 

Mit Schneefeldern am Ziel der Wanderung hatten wir aber wirklich nicht gerechnet – Lisa hatte „zur Sicherheit“ sogar eine kurze Hose eingepackt!

 

Am Ziel: Das Hochplateau „Enladrillado“

 

Trotz ein bisschen Regen und Schnee haben wir den Nationalpark aber sehr genossen. Die Bedingungen waren auch – verglichen mit anderen Treks – ziemlich gut: Auf einem Campingplatz im Nirgendwo gab es saubere Toiletten, Duschen (kalt, aber immerhin), Bänke und Tische, Licht und sogar Steckdosen!

 

Mit dem Computer auf dem Campingplatz.

 

Am nächsten Morgen ist uns dann aber doch das Lachen vergangen: Die ganze Nacht durch hatte es geschifft wie aus Kübeln, und es hörte und hörte nicht auf. Das hieß also Packen unter schwierigsten Bedingungen: Alles nass und dreckig vom Waldboden. Irgendwie haben wir es aber geschafft und sind zur Bushaltestelle aufgebrochen. Nach einer knappen Stunde Wandern und auf den Bus warten der Schock: Ein Stückchen weiter unten ist die unbefestigte Straße so aufgeweicht, dass der Bus gar nicht durchkommt! Also: Pfadfinder spielen und den Weg weiter runterlaufen bis zu der Stelle, an der wir eindeutig frische Busspuren ausfindig machen konnten und hoffen, dass der nächste Bus es auch bis hierhin schafft.

Er hat es geschafft und er hat uns trotz unseres Zustands (Dreckschleudern) mitgenommen. Und nach zweimal umsteigen und insgesamt mehr als neun Stunden Busfahrt sind wir jetzt  in Pucon angekommen. Davon berichten wir dann beim nächsten Eintrag.

 

Ganz liebe Grüße, Lisa & Daniel

 

 

28.09.2012: Santiago de Chile

  

„Chile – neues Land, neues Glück“, haben wir gedacht.

Mittlerweile haben wir aber das Gefühl, auf einem komplett neuen Kontinent gelandet zu sein! Weg sind die bunten Trachten der indigenen Bevölkerung, weg ist das Chaos der halböffentlichen Verkehrsmittel, das wir nie verstanden haben. Weg die eisigkalten und ungemütlichen Aufenthaltsräume in den Hostals.

Stattdessen: Straße kreuzen ohne Lebensgefahr, Autos, die an Zebrastreifen anhalten, wir, die an roten Fußgängerampeln auf grün warten, Äpfel ungeschält essen, Campingplätze mit Klo, Dusche (warm!) und Wi-Fi. Unglaublich!

Aber: Das Ganze hat auch seinen Preis, bei dem einem das Lachen auch mal vergehen kann.

 

Zunächst war das aber noch gar nicht so deutlich zu spüren. In unserer ersten Station in Chile, San Pedro de Atacama (eine Oase in der Atacama-Wüste - nahe der bolivianischen Grenze) waren die Straßen nicht asphaltiert, die Häuser aus Lehm, wir wurden auf offener Straße fast von einem wildgewordenen, galoppierenden Pferd umgerannt und der Ort war übersät mit hängengebliebenden Langzeitreisenden/ Möchtegernhippies, die ihren Schmuck oder ihre Musik auf der Straße zum Verkauf angeboten haben. Uns hat es gut gefallen.

Unsere Ankunft wurde begleitet vom chilenischen Unabhängigkeitstag, der in diesem Jahr im ganzen Land zu fast einer ganzen Feierwoche ausgeweitet wurde, weswegen San Pedro hoffnungslos überfüllt war.

 

Chilenische Flaggen zu Hunderten in der Wüstenstadt San Pedro de Atacama.

 

Mit unserem Zelt haben wir den letzten Stellplatz auf dem Campingplatz bekommen, genau unter den Nestern aller Vögel von San Pedro. Entsprechend gesprenkelt war unser schönes rotes Zelt nach kurzer Zeit. Zu schön ist das Geräusch, morgens von auf das Zelt platschender Vogelscheiße geweckt zu werden. Wunderbar.

 

Um uns mal wieder zu bewegen, haben wir uns Fahrräder ausgeliehen, mit denen wir durch die Wüste zu einer Lagune gefahren sind, die so salzhaltig ist, dass man entspannt darin liegend Zeitung lesen könnte. Leider hat vorab niemand erwähnt, dass das Wasser reichlich kalt ist. Der Trick eines Chilenen, lauthals „warm-warm-warm“ rufend in die Lagune zu laufen, um so die Kälte zu überlisten, hat uns nicht viel geholfen, und nach einem schnellen Beweisfoto sind wir schnell wieder raus.

 

Mit dem Rad durch die Wüste. Ziel: Die Salzlagune Cejos.

 

Eigentlich wollten wir am nächsten Tag noch mal mit Rädern zum Sonnenuntergang in das „Valle de la Luna“ fahren, hatten dabei aber die Rechnung ohne den starken Wind gemacht, der an diesem Tag die schönen chilenischen Fahnen, die überall in den Straßen hingen, zu gefährlichen  Geschossen machte. Darum haben wir uns spontan einer Tour angeschlossen, die – mal wieder – alle unsere Befürchtungen erfüllt hat. „You have five minutes guys. Don’t go too far.“ Ein paar Fotos konnten wir aber auf die Schnelle schießen!

 

Diese mindestens eine Million Jahre alte Steinformation, die „Tres Marias“, sind in Chile berühmt. Immer, wenn es etwas im Dreierpack gibt, sind es ganz sicher „drei Marias".

 

Ganz schön viel Sand in der Wüste.

 

Sonnenuntergang im Valle de la Luna.

 

Nach so viel Wüste brauchten unsere Augen dringend andere Farben und so sind wir, der Empfehlung der zwei Franzosen vom Choro Trail in Bolivien folgend, in den Nationalpark „Pan de Azucar“ gefahren. Von uns falsch (und erwartungsvoll) als „Zuckerbrot“ übersetzt, heißt es eigentlich „Zuckerhut“, in Anlehnung die Berge, die die Landschaft aus Pazifischem Ozean und Wüste prägen. Hier tummeln sich Pinguine, Seelöwen und Pelikane, die wir natürlich unbedingt sehen wollten.

 

Der Weg zum Nationalpark führt über Chanaral, einem Industrieort am Meer, von dem uns sogar der Busfahrer abgeraten hat. Nach so viel Natur fanden wir das Städtchen aber sogar ganz interessant, wenn auch nicht wirklich schön.

Eine Begegnung mit drei Deutschen im Supermarkt hat dazu geführt, dass wir eine Stunde später zusammen in ein Taxi in den Nationalpark gestiegen sind.
An dieser Stelle darf man kurz mal nachdenken und rechnen: Taxi, ein Fahrer, fünf Personen, fünf Trekkingrucksäcke. Kann das gehen? In der Grundschule wäre die richtige Antwort gewesen: Nein. Da gibt es einen Rest, der nicht mehr ins Auto passt. Das gilt aber offensichtlich nicht für Chile. Hier wäre die richtige Antwort: Na klar passt das! Hier der Beweis:

 

Zwei Schnüre drum und dann is‘ das gut!

 

Der Park hat unsere Erwartungen erfüllt und war wunderschön.

 

 

Unser Zelt haben wir direkt am Strand aufgestellt, die ganze Nacht das Rauschen des Meeres, wunderbar.

 

 

Ganz in der Nähe wurde der frisch gefangene Fisch verkauft, was natürlich unzählige Pelikane angezogen hat.

 

Guck mal! Flamin… äh, Pelikane!

 

Aumi füttert die Pelikane mit Fischresten.

 

Beim Fressen verstehen die possierlichen Tierchen keinen Spaß.

 

Die Pinguine waren leider sehr klein, so dass wir hier jetzt mal kein Suchbild nach dem Motto „Winziges schwarz-weißes Tierchen vor vielen grauen Steinchen“ einstellen werden. Stattdessen lieber dieses beeindruckende Foto von einem Seelöwen, den wir glücklicherweise NICHT auf Galapagos unter Wasser angetroffen haben.

 

Seelöwe.

 

Gut zufrieden und ziemlich tiefenentspannt ging es nach diesen zwei Tagen und Nächten am Meer weiter nach La Serena, laut Reiseführer einem Highlight in Chile. Eine Stadt mit kolonialer Architektur, tollen Stränden in der nahen Umgebung, einem weiteren Nationalpark mit Seelöwen, Pinguinen und sogar Delphinen, und dem Elqui Valley um die Ecke, in dem die Trauben für den berühmten Pisco angebaut werden. Hört sich spannend an, oder? Als könnte man hier einige Zeit verbringen und viel unternehmen.


Tja, wir waren drei Nächte in La Serena und haben die Zeit überwiegend damit verbracht, mit den anderen - supernetten - Hostelbewohnern Bier und Wein zu trinken.

Und Lisa hat sich die Haare schneiden lassen. Immerhin der Beweis, dass wir das Hostel nicht nur für die Alkoholabteilung des Supermarktes verlassen haben.

 

Schön war’s in La Serena.

 

Von La Serena ging es - mit einem leicht angeschlagenen Aumi - weiter nach Valparaiso. Diese Stadt liegt ebenfalls am Pazifik und ist ein alter Fischerort, etwas anrüchig und superspannend, weil sich die Stadt im Prinzip direkt hinter der Wasserkante auf verschiedene Hügel verteilt. Durch kleine, verwinkelte Straßen und Gassen, die manchmal ins Nichts führen, kann man sich hier tagelang treiben lassen, wilde Graffitis an den Häusern bewundern, springend den Unmengen von Hundescheiße ausweichen und sich vorstellen, in welchem der vielen bunten und schönen Häuser man am liebsten wohnen würde.

 

Valparaiso im Nebel.

 

Farbenfrohe Stadt.

 

Und weil uns das Treiben auf dem Fischmarkt und vor allem die tierischen Besucher dort immer interessieren, waren wir auch hier morgens am Hafen. Wieder dabei: Pelikane, Seelöwen, Möwen und viele Hunde.

 

Morgendlicher Blick aufs Meer am Fischmarkt.

 

Nach so viel Stadt stand uns der Sinn eigentlich wieder nach kleinen Dörfern und etwas mehr Natur. Aber da die Hauptstadt von Chile - Santiago - nun mal gerade auf dem Weg lag, haben wir ihr auch noch einen zweitägigen Besuch abgestattet. Touristische Highlights haben wir weitestgehend ausgelassen, dafür konnte Lisa ihre Trekkingausrüstung noch einmal aufbessern (die guten alten Wanderschuhe werden wohl nicht nach Argentinien eingeführt werden) und wir haben bei einer Fotoausstellung über Chiloe unsere Vorfreude auf Patagonien noch gesteigert. Darüber hinaus haben wir uns mit dem Konsumieren von Wein gewissenhaft auf unsere nächste Station vorbereitet: Mendoza in Argentinien, ein Mekka für Weinkenner - hoffentlich auch für Weintrinker ohne viel Weinverstand wie uns!  

 

"Weindiät" in Santiago de Chile.

 

Bis bald.

Lisa und Aumi.